S. hatte gerade ein kleines Schwesterchen bekommen und merkte nun, daß sich Mutti viel mehr um die Kleine kümmert als um sie. Was nicht ganz stimmte. Aber für S. war es so. Sprachlich fiel auf, daß sie zurückgeblieben war und noch „demacht“ und „desagt“ und „dedessen“ sagte, obwohl sie bald zur Schule gehen sollte. Anfangs sagte sie sogar noch „Tinderdarten“. Irgendwie bestand sie auf ihren Fehlerchen, denn solange sie nicht richtig sprach, war sie ja noch klein und schutzbedürftig. Sie malte gern und suchte sich von allen Stiften immer die mit dem Glitzereffekt aus. Einhörner malte sie und Fabelwesen, eins schöner und phantastischer als das andere. Ich bat sie, ein Bild zu malen von sich selbst und von ihrer Schwester. Und drumrum sollte sie die Leute malen, die sich um sie kümmern und die sich um ihre Schwester kümmern. Ihr Bild malte sie farbenprächtig und viele Leute standen herum. Auch ich war dabei. Ihre Schwester malte sie düster, schwarz und sie glitzerte gar nicht. Um ihre Schwester standen auch nur drei Personen: Mama Papa und Onkel Welches Bild gefällt dir nun besser, fragte ich sie: Na das mit den Glitzerfarben. Und sie zeigte auf sich. Das andre gefällt dir gar nicht? Nein! Willst du denn nicht mehr wie dein kleines Schwesterchen sein, um das sich Mutti immer kümmert. Sie betrachtete kurz und intensiv ihr Schwesterchen, bzw. das Bild davon und sagte kurz und deutlich: Nein. Damit war das erledigt. Sie lernte da „K“ und „G“ sehr schnell und kam bald nicht wieder. Aber von ihr habe ich diese wunderschönen Einhörner.
Logopädische Praxis im Ärztehaus Wiedebachpassagen am Connewitzer Kreuz