ZBIGNIEW DMITROCA
Und so lebe ich hier: in der Pause
zwischen der nächsten Trennung und
dem ach so ausgehungerten Bedürfnis
das Ende des Berauschtseins
des an Überzeugungen und Zweifeln
festgeschnallten Kopfes
zu erleben -
etwas das sich selten Luft macht
durch den Mund: ständig die Furcht
vor übertriebenem Pathos
oder vor der Beleidigung durch Trivialität -
dieser krankhafte Zug von Aleksander Wat
daß dem Auge des Korrektors
etwas entgangen ist. Also
schlafe ich nicht - ich arbeite im Beruf
des Nachtschwärmers gebe
am Morgen Erklärungen ab
über Versuche
der wie immer generalstabsmäßigen
Großangriffe gegen die eigene
Verzweiflung. Danach lese ich sie mir
bei passender Gelegenheit vor
in der einen oder anderen Pause
zwischen der soeben auf dem Schlachtfeld Papier
niedergeschlagenen Rebellion und
der Vertiefung in Liebesbriefe
Steckbriefe auf der Suche
nach Glauben
und Hoffen
an mich
Deutsch von Tom Pohlmann
Zbigniew lernte ich 1992 bei meinem ersten Lublin-Trip kennen. Er war sein Leben lang auf der Flucht vor dem polnischen Wehrkreiskommando. Und das erfolgreich. Bevor ihn die Behörden registriert hatten, die Akten nachgeschickt wurden und ihn eine Einberufung hätte erreichen können, war er wieder verschwunden.
Inzwischen ist der '62 Geborene seßhaft, verheiratet und Vater.
Neben Lyrik schreibt er Kinderbücher.
Mehr über die Lubliner Dichterszene habe ich in meinem Essay "Lublin - das Tor zum Osten" geschrieben.