RAFAL WOJACZEK

 

vaterland

 

mutter klug wie ein kirchturm

mutter größer noch als die Römische Kirche

mutter lang wie die transsibirische

eisenbahn und wie die sahara breit

 

und fromm wie die parteizeitung

mutter schön wie die feuerwehr

geduldig wie der untersuchungsbeamte

und schmerzensreich wie im kindbett

 

real wie der gummiknüppel

mutter gut wie das bier von zywiec

die brüste der mutter zwei fromme stogramm

 

und besorgt wie die buffetfrau

muttergottes wie die königin polens

mutter fremd wie polens königin

Nachdichtung: Herbert Ulrich

 

Rafal Wojaczek ist eine polnische Legende. Er hat nach seinem Selbstmord viele Dichter inspiriert. In einigen deutschen Programmkinos war der Film über ihn ("Wojaczek") zu sehen, in dem auch Janusz Styczen mitspielte. In deutscher Sprache sind Texte in von Karl Dedecius heraugebebenen Anthologien zu finden. Link auf ein weiteres Gedicht.

Wojaczek wurde 1945 geboren und lebte bis 1971.

Ende der 70er erschienen im Umfeld unserer Dichter-Boheme im "Turm" einige literarische Samisdad-Publikationen, mit Schreibmaschine verfielfältigte Zeitschriften, so der "Laternenmann", den Thomas Böhme herausgab. Herbert Ulrich, der inzwischen in Lublin wohnte, schickte uns von dort aus regelmäßig die "Graswurzelinspirationen" zu. In einem dieser Heftchen faszinierten mich die Gedichte eines Polen, den er nachgedichtet hatte. Es waren vom Femininen durchdrungene Texte. Herbert schrieb - das habe ich heute noch im Gedächtnis - sinngemäß, er liebe die Frau so, daß er sie zu durchdringen versuche. Es waren die Texte von Rafal Wojaczek. Leider existiert keines der Hefte mehr.

 

 

 

 

 

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