Portrait des Übersetzers und Lyrikers Henryk Bereska

 

Henryk lernte ich 1995 im Bus kennen. Wir fuhren von einer Lesung anläßlich des Poetendampfers zu unserem Hotel auf der polnischen Seite. Wir waren müde - längst war es dunkel. Ich saß neben ihm auf einer der hinteren Bänke und wir unterhielten uns auf dieser Überlandfahrt über Nichtigkeiten. Erst nach einer Weile fiel es mir ein, daß ich ihn bereits einmal im Leipziger Polnischen Institut zu einem Vortrag gehört hatte. Damals glaubte ich, Bereska sei Pole. Als er über längere Passagen referierte, über schwierige Themen sprach, brach ein eigentümlicher Akzent hervor - der Duktus eines Zweisprachlers, der zwischen Sprachfronten den Nachschub an Worten zu gewährleisten hatte. Da stellen sich Päuschen ein, gelegentlich zu Pausen gedehnt und der Zuhörer wurde Zeuge einer Anspannung: die des Übersetzers. Bei keinem anderen "Fährmann zwischen Sprachen" habe ich das miterleben dürfen. Es ist das Innenleben eines Menschen, dessen Seele an der Nahtstelle der Sprachen ihre Nische gefunden hat.

Alle von Bereska aus dem Polnischen übersetzten Werke nur anzuführen, würde hier einige Seiten füllen, ebenso die Liste der Preise, die er für seine Arbeit erhielt. Ich beschränke mich, einige wichtige Autoren zu nennen: Mrozek, ......

Bereska ist DER ÜBERSETZER polnischer Literatur im Osten Deutschlands.

Biografische Angaben:

* 1926 in Katowice, Verwaltungslehre, Werftarbeit in Bremen, 1948 Abitur in Berlin, bis 1952 Studium der Germanistik und Slawistik an der Humboldt-Universität Berlin, 1953 - 1955 Lektor im Aufbau-Verlag Berlin, seitdem freiberuflicher Übersetzer und Autor. Lebt in Berlin.

(aus "Nach den Gewittern", Steidl)

Link zu Bereskas Gedicht "Mein Großvater"