ODWIN QUAST

Ohne Odwin hätte es die Leipziger Liederszene so nicht gegeben.
Er war Koordinator, Organisator, Moderator und Mentor für viele Kollegen und hat nicht wenigen – so auch mir – den Kopf gerettet.
Ende der 90er tauchten Gerüchte um eine IM-Mitarbeit Odwins auf.
Das hat einige, auch mich, verunsichert.

Odwins Terminkalender 1989, Scan vom Original
FADE ANSCHULDIGUNGENSein einstiger Studienkollege am Leipziger Literaturinstitut Siegmar Faust verwendete Odwins Texte ohne dessen Kenntnis und Einverständnis, indem er ihn selbst als Odwin Quastmann verfremdete und die Texte staatsfeindlich umschrieb, u.a. für die Fernsehserie „Freiheit, die ich meine“. Dort stellte er Odwin als letzten Dissidenten der DDR dar.
Dass die Stasi am Morgen nach der Ausstrahlung bei Odwin klingelte, ist kein Wunder.
Ich habe Siegmar einmal danach gefragt und seine Antwort war: „Wir haben ihn damit nur geschützt.“
Komischer Schutz, (vermeintliche) „Widerstandskämpfer“ einer Diktatur dem Geheimdienst auf dem Silbertablett zu servieren.
RAUSSCHMISSE
AUS ODWINS BIOGRAFIE:Odwin wurde zweimal vom Studium relegiert, er bekam Berufsverbot, wurde 1968 kurzzeitig inhaftiert und er hatte als Lyriker bis 1989 Publikationsverbot.
Einiges davon ist nachzulesen in der Rehabilitationsbescheinigung. Der Rektor der Leipziger Uni teilte 1993 offiziell mit, dass Odwins Exmatrikulation im Jahre 1968 "eindeutig politisch motiviert und damit ein zeittypischer Akt ausgeübter Willkür gegen Andersdenkende war."
PUBLIKATIONSVERBOT
PUBLIKATIONSVERBOTAllerdings ist Odwin mit seinen Problemen, in der DDR zu schreiben, in einem ganzseitigen Artikel über Literaturentwicklung in der DDR neben Andreas Reimann, Christa Wolf u.a. erwähnt. Und zwar in der Warschauer "Polityka", einem der bis heute rennomiertesten polnischen Blätter:

Polityka, Warschau, 17.5.1969, Adam Krzeminski über Probleme der DDR-Literatur
DIE LEIPZIGER LIEDERSZENE
DIE LEIPZIGER LIEDERSZENE & ODWIN QUAST
Odwin Quast als Vorsitzender des Arbeitskreises Chanson (aus: Unterhaltungskunst, C.M.)
Odwin Quast als Vorsitzender des Arbeitskreises Chanson
Hier die Veranstaltungsreihen, welche Odwin ins Leben rief und betreute:
Tele-Phon (Eiskeller)
Lieder-Café (Haus der Lehrer, Haus der DSF etc.)
Chanson-Café (Café Günther/Grundmann)
Chanson-Club (Kulturhaus Völkerfreundschaft Grünau)
Chanson-Spirale (Haus Leipzig)
sowie alle Chanson-Werkstätten auf Stadt- und Bezirksebene im Haus der Volkskunst.
Im Talentestudio und an der Hochschule für Musik hat Odwin eine Unzahl von Nachwuchsinterpreten gefördert.
ODWIN QUAST

Odwin Quast - "Erfinder" des Chanson-Cafés (aus Unterhaltungskunst, U. Heise)
LEIPZIGER SOLIDARITÄT
LEIPZIGER SOLIDARITÄT KONKRETDurch Odwins Intervention wurde im Arbeitskreis Chanson ein Fördervertrag für mich beschlossen. Den der Chef der Konzert- und Gastspieldirektion nicht sofort, aber dann doch unterschrieb. Das eben war die Leipziger Solidarität und es machte die Szene so einzigartig, dass selbst in einer Diktatur sich Mutige fanden, für andere einzustehen.

Hubertus Schmidt, Odwin Quast, Heinz-Martin Benecke im Leipziger Chansoncafé (v.l.n.r.)
Foto: Jochen Janus
Foto: Jochen Janus
Die Leipziger Liederszene – letztlich ist sie Odwins Lebenswerk.
Unter anderem Umständen hätte er ein Dutzend Gedichtbände herausgebracht oder ein paar Romane geschrieben.
So wurde es ein chansonreiches Jahrzehnt.
Dieter Kalka
Dieter Kalka
Mai 2017
BEULENSPIEGELS KOMMENTAR:
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Beulenspiegel als Führungsoffizier
Beulenspiegel als Führungsoffizier